Bandscheibenvorfall beim Hund (Ursache & Tipps)
- Tierarzt Mag.med.vet. Emin Jasarevic
- Aktualisiert: 2023-04-13
Nicht nur Menschen erkranken an einem Bandscheibenvorfall, auch dein geliebter Hund kann diese schmerzhafte Erkrankung erleiden. In diesem Beitrag erfährst du, wie es zu einem Bandscheibenvorfall beim Hund kommt, welche Rassen besonders gefährdet sind und wie man die Symptome am besten lindern kann. Außerdem haben wir uns für diesen Artikel Beratung vom Tierarzt Mag.med.vet. Emin Jasarevic eingeholt.
Was ist ein Bandscheibenvorfall?
Zunächst solltest du den groben Aufbau der Wirbelsäule beim Hund kennen:
7 → Halswirbel → 13 Brustwirbel → 7 Lendenwirbel → 3 Kreuzbeinwirbel (verwachsen)
Hinzu kommen je nach Rasse zwischen zehn und 23 Schwanzwirbel.
Zwischen jedem dieser knöchernen Wirbelkörper befinden sich die weichen Bandscheiben. Sie funktionieren sozusagen als Stoßdämpfer zwischen den Wirbeln. Falls du selbst schon einmal einen Bandscheibenvorfall hattest, wirst du wissen, wie schmerzhaft dieser sein kann.
Auch für dein Tier bedeutet die Erkrankung eine immense Qual. Warte daher nicht zu lange und suche möglichst schnell einen Tierarzt auf, wenn du einen Verdacht darauf hast.
Die Wirbelsäule von Mensch und Hund ist identisch
Der Aufbau der Wirbelsäule ist bei Hund und Mensch identisch. Die Bandscheiben befinden sich zu Schutz zwischen den einzelnen Wirbelkörpern. Sie bestehen im Inneren aus einer Gel-artigen Masse.
Wenn diese austritt und auf das Rückenmark drückt, verursacht es höllische Schmerzen. Nicht verwechseln solltest du den Bandscheibenvorfall mit der Bandscheibenvorwölbung. Diese kann auch starke Schmerzen verursachen.
Grundsätzlich trifft ein Bandscheibenvorfall Hunde in jedem Alter.
Die Ursachen für einen Bandscheibenvorfall
Einige Hunderassen neigen häufiger dazu, an einem Bandscheibenvorfall zu erkranken.
Rassen mit einem langen Rücken und dazu vergleichsweise kurzen Beinen wie der Dackel sind besonders gefährdet. Zu diesen Rassen zählen auch die Pekinesen und die Bassets.
Doch nicht nur kurzbeinige Hunde sind anfällig für einen Bandscheibenvorfall. Vierbeiner, deren Lendenwirbelbereich leicht abfallend ist, sind ebenfalls gefährdet.
Gleiches gilt für alle Rassen mit einer langen Halswirbelsäule wie Boxer und Rottweiler. Bei diesen Rassen tritt der Bandscheibenvorfall dann häufig nicht im Lendenwirbel-, sondern vielmehr im Halswirbelbereich auf.
Ähnlich wie beim Menschen gilt jedoch auch beim Hund: Etwa drei Viertel aller Bandscheibenvorfälle betreffen die Brust-/Lendenwirbelregion. Nur etwa ein Viertel hingegen machen Bandscheibenvorfälle der Halswirbelregion aus.
Die Symptome
Ähnlich wie beim Menschen entsteht auch beim Hund ein Bandscheibenvorfall meist infolge einer plötzlichen Bewegung. Für dich ist dies natürlich nur schwer zu erkennen.
Mögliche Symptome bei einem Bandscheibenvorfall sind dann eine plötzlich auftretende Bewegungsunlust sowie ein gekrümmter Rücken.
Dein Schützling geht in eine Art Schonhaltung, wodurch sich die Muskeln größtenteils aber noch mehr verspannen. Legst du die Hand auf seinen Rücken, wirst du diese Verspannungen vielleicht sogar spüren können. Häufig fühlen sich die betroffenen Stellen auch etwas wärmer an.
Es kann sein, dass er an diesen Stellen dann sehr empfindlich reagiert und am liebsten gar nicht berührt werden möchte. Je nach ausgeprägtem Schmerzempfinden kann dein Liebling bei bestimmten Bewegungen sogar kurz aufheulen.
Pfotenschleifen
Ganz typisch ist auch das Pfotenschleifen. Bei vielen Vierbeinern werden dadurch die Krallen komplett abgewetzt. Je besser du deinen Liebling kennst, desto eher wirst du die Symptome eines Bandscheibenvorfalls erkennen. Sie sind immer ganz davon abhängig, welche Wirbel betroffen sind.
Sind Nerven befallen, die für den Schließmuskel verantwortlich sind, kann auch eine Inkontinenz die Folge des Bandscheibenvorfalls sein. Besonders schwerwiegende Erkrankungen können sogar mit einer vollständigen Bewegungsunfähigkeit oder Lähmungserscheinungen einhergehen.
Solltest du Veränderungen im Verhalten deines Tieres feststellen, suche so schnell es geht einen Tierarzt auf.
Handelt es sich tatsächlich um einen Diskusprolaps, wie der Bandscheibenvorfall in der medizinischen Fachsprache bezeichnet wird, ist der Hund sofort ruhigzustellen.
Ein schwerer Bandscheibenvorfall, der bereits Lähmungen verursacht, kann unbehandelt dauerhafte und irreparable Schädigungen verursachen.
Bei genetisch vorbelasteten Hunden tritt ein Bandscheibenvorfall am häufigsten zwischen dem vierten und sechsten Lebensjahr auf.
Zu diesen Hunderassen zählen unter anderem:
- Dackel
- Beagle
- Pekinese
- Pudel
- Basset
- Schäferhund
- Cocker Spaniel
Natürlich können auch alle anderen Rassen an einem Bandscheibenvorfall erkranken.
Das Risiko steigt mit zunehmendem Alter.
Was macht der Tierarzt?
Vermutest du einen Bandscheibenvorfall bei deinem Liebling, warte nicht zu lange und suche möglichst schnell einen Tierarzt auf. Die Behandlung sollte spätestens 24 Stunden nach Auftreten erfolgen, damit Folgeschäden ausgeschlossen werden können.
Der Tierarzt wird zunächst herausfinden, welche Wirbel genau betroffen sind. Dabei kommen sowohl neurologische Untersuchungen als auch bildgebende Verfahren wie CT, MRT und/oder Röntgen zum Einsatz.
Diese Untersuchungen sind beim Hund etwas komplizierter als beim Menschen. Da die Tiere während der Untersuchung nicht stillhalten, erhalten sie in der Regel eine Vollnarkose.
Als Ergebnis vorgenannter Untersuchungen wird der Tierarzt dir den Grad des Bandscheibenvorfalls beschreiben.
Man unterscheidet Grad Eins und Grad Zwei, wobei bei Grad Eins der Bandscheibenring noch weitestgehend erhalten ist. Bei Grad Zwei hingegen ist dieser zerstört und die Bandscheibenmasse weit herausgedrungen.
Je nach Schwere des Bandscheibenvorfalls wird der Tierarzt dir dann eine Behandlung vorschlagen.
Bandscheibenvorfall – Grad 1 bis 5
Grad 1: Symptome beruhen lediglich auf Schmerzen und Verspannung der Muskeln
Berührt man die Wirbelsäule des Hundes, reagiert er empfindlich. Insbesondere beim Stuhlgang kann man erkennen, dass der Hund seinen Rücken leicht nach oben wölbt.
Das sind Zeichen dafür, dass er Schmerzen hat und sie auf seine Weise versucht zu lindern bzw. ihnen „aus dem Weg zu gehen“. Dies hat allerdings den Nachteil, dass er sich dabei verkrampft.
Mit der Zeit verhärtet sich somit die Muskulatur, sodass man von einer Verspannung sprechen kann. Um die unangenehmen Schmerzen zu vermeiden, kommt es auch vor, dass der Hund nicht mehr so agil ist wie früher und sich nicht mehr bewegen möchte.
Grad 2: Störung bei der Bewegungskoordination (Ataxie)
In dieser Phase kann man bereits an der Körperhaltung des Hundes erkennen, dass er Probleme mit der Bandscheibe hat. Sein Standbild ist unharmonisch.
Die Abläufe der Gliedmaßen sind beim Gehen nicht mehr koordiniert. Entweder läuft der Hund so, als hätte er einen Stock verschluckt oder wackelig, als wäre er aus einer Narkose erwacht.
Grad 3: Unvollständige Lähmung (Parese)
In dieser Phase ist die Muskelschwäche schon deutlich erkennbar. Beim Positionieren der Pfote in eine abnormale Lage ist der Hund nicht mehr in der Lage, die Pfote wieder in die natürliche Position zu richten oder braucht sehr viel Zeit dafür. Der Hund braucht eine Steh- bzw. Gehhilfe.
Grad 4: Vollständiger Funktionsausfall der fraglichen Gliedmaßen (Paralyse, Plegie) mit Tiefenschmerz
Bei Schmerzen, die nicht auf der Haut ausgelöst werden, redet man von Tiefenschmerz. Der Reiz kommt aus den Muskeln, vom Bindegewebe, den Knochen oder Gelenken. In dieser Phase treten schwerwiegende Lähmungen auf. Der Hund ist nicht mehr in der Lage, eigenständig aufzustehen, seinen Urin bzw. Stuhlgang zu halten.
Grad 5: Vollständiger Funktionsausfall der fraglichen Gliedmaßen (Paralyse, Plegie) ohne Tiefenschmerz
Der Hund kann sich nur noch in der Fischrobbenstellung fortbewegen. Er verspürt keine Schmerzen mehr, da bereits eine Verletzung des Rückenmarks stattgefunden hat. Je länger der Tiefenschmerz ausfällt, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine Erholung nicht mehr möglich ist.
Beim Bandscheibenvorfall sind physiotherapeutische Maßnahmen als Ergänzung recht sinnvoll. Diese sollten allerdings erst dann begonnen werden, wenn die akute Phase vorüber ist.
In der Praxis haben sich leichte Massagen durch ausgebildete Hundephysiotherapeuten ebenso bewährt wie therapeutische Übungen im Wasser. Ein Unterwasserlaufband ist eine hervorragende Möglichkeit für alle Hunderassen, um die Muskeln zu trainieren.
Der Vorteil des Unterwassertrainings: Die Wirbelsäule wird nicht unnötig belastet.
Vielleicht sprichst du aber auch mit deinem Tierarzt über homöopathische Mittel, denn diese versprechen ebenso Erfolg bei der Behandlung. Ein Tierheilpraktiker kann dir aber noch zahlreiche weitere pflanzliche Wirkstoffe empfehlen.
Als schmerz- und entzündungshemmend gelten etwa Weihrauch und die Extrakte der Teufelskralle.
Nach einem Bandscheibenvorfall sollte für mindestens sechs Wochen absoluter Leinenzwang bestehen. Alle ruckartigen Bewegungen und Sprünge sind absolut tabu. Besser als ein langer Spaziergang am Tag sind mehrere kurze Bewegungseinheiten.
Wie beuge ich vor?
Du kannst einiges tun, um einem Bandscheibenvorfall bei deiner Fellnase vorzubeugen.
Achte im Alltag darauf, dass dein Schützling keine großen Sprünge macht. Alle Bewegungen, welche der Wirbelsäule schaden könnten, sollten vermieden werden. Das gilt besonders für gefährdete Hunde wie Dackel.
Ähnlich wie beim Menschen gilt: Je stärker die Rückenmuskulatur ausgebildet ist, desto geringer ist die Gefahr eines Bandscheibenvorfalls. Geh also möglichst häufig mit ihm spazieren. Abhängig ist die Dauer der Spaziergänge natürlich von der Rasse: Selbstverständlich benötigen Hunderassen wie Dackel oder Pekinesen sehr viel weniger Auslauf als ein Labrador oder Schäferhund.
Beim Spazierengehen an der Leine solltest du auf ein Brustgeschirr setzen, denn dieses belastet die empfindliche Halswirbelsäule weitaus weniger als ein normales Halsband.
Ein weiterer immens wichtiger Faktor: Vermeide unbedingt Übergewicht. Jedes Kilogramm zu viel belastet die Wirbelsäule nur unnötig.
Hier noch einmal die wichtigsten vorbeugenden Maßnahmen in der Übersicht:
- Übergewicht vermeiden
- auf ausreichend Bewegung achten
- Treppenstufen und hohe Sprünge vermeiden
- Physiotherapie zur Vorbeugung
- rückengerechte Unterlage
Eine sinnvolle Anschaffung kann etwa ein orthopädisches Hundebett sein. Solch ein Bett ist nicht nur in zahlreichen ansprechenden Farben erhältlich, sondern auch aus diversen Materialien.
Orthopädische Hundebetten sind meist mit einer Schlafrolle ausgestattet, auf der dein Liebling bequem seinen Kopf ablegen kann.
Ein ganz entscheidender Faktor für eine möglichst lange Gesundheit spielt ebenso die artgerechte Fütterung. Auch mit einer möglichst abwechslungs- und vitaminreichen Kost kann man Abnutzungserscheinungen an der Wirbelsäule vorbeugen.
Achte deshalb unbedingt auf hochwertiges Futter. Sehr zu empfehlen sind Hundefutter mit den Inhaltsstoffen Chondroitin, Glucosamin und Hyaluronsäure. Spurenelemente wie Zink, Selen und Mangan hingegen unterstützen den Aufbau der Knorpel und sind somit wichtig für seine Rückengesundheit.
Ob du Feucht- oder Trockenfutter gibst, ist eigentlich egal. Achte beim Kauf des Hundefutters nur auf einen möglichst hohen Fleischanteil und wertvolle Inhaltsstoffe wie Vitamine und Antioxidantien. Der Anteil an Getreide hingegen sollte möglichst gering ausfallen.
Natürlich kann es trotz aller vorbeugender Maßnahmen passieren, dass dein Liebling an einem Bandscheibenvorfall erkrankt. Häufig reicht schon eine falsche Bewegung aus.
Häufig gestellte Fragen
Bei einem Bandscheibenvorfall rutscht eine Bandscheibe aus ihrem Platz zwischen zwei Wirbeln heraus und drückt auf das Rückenmark und den in ihm verlaufenden Nerven. Das verursacht extrem starke Schmerzen.
Neben den extremen Schmerzen kann der Bandscheibenvorfall unbehandelt bleibende Schäden bei deinem Hund verursachen. Neben chronischen Schmerzen kann es zu unterschiedlich stark ausgeprägten Lähmungserscheinungen kommen. Bring deinen Hund bei Verdacht also sofort zum Tierarzt.
Du kannst über verschiedene Wege dem Bandscheibenvorfall vorbeugen: Durch eine ausgewogene Ernährung zur Stärkung des Gewebes, durch ein ideales Gewicht, genügend Auslauf für eine starke Rückenmuskulatur oder ein orthopädisches Hundebett. Für weitere Maßnahmen lies unseren ganzen Artikel.
Bandscheibenvorfälle werden hauptsächlich durch plötzliche Bewegungen verursacht. Faktoren wie Übergewicht oder die Rasse deines Hundes können den Vorfall begünstigen, indem die Muskulatur und das Gewebe schon im Voraus angegriffen wurden.
Diese Rassen neigen am ehesten dazu, an einem Bandscheibenvorfall zu erkranken:
- Dackel
- Beagle
- Pekinese
- Pudel
- Basset
- Schäferhund
- Cocker Spaniel
Empfehlung vom Tierarzt
Einem Bandscheibenvorfall bei deinem Hund vorzubeugen, ist für dich als Besitzer gar nicht so einfach. Natürlich sollte er regelmäßig bewegt werden, denn zu wenig Bewegung ist einer der Hauptauslöser für einen Bandscheibenvorfall.
Zudem kann aber auch zu viel sportliche Aktivität der Bandscheibe schaden.
Deswegen ist dein Einfühlungsvermögen gefragt, um ein gesundes Mittelmaß zu finden.
Ich bin Tierarzt und Autor für Tiergesundheitsthemen. Tiere sind meine Leidenschaft und es ist mir ein persönliches Anliegen, medizinisch akkurate Artikel und Videos zu erstellen, um Tierbesitzer so gut es geht zu informieren.
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